Urkundenfälschung (§ 267 StGB) – Strafverteidigung in Leipzig

Ermittlungen wegen Urkundenfälschung betreffen den Kern des Beweisverkehrs. Entscheidend sind Urkundenqualität, Echtheit/Verfälschung, Gebrauchen und das Täuschungsziel im Rechtsverkehr. Ziel der Verteidigung ist eine saubere Subsumtion unter die gesetzlichen Merkmale, die frühzeitige Sicherung von Originalen/Versionen sowie – abhängig von der Aktenlage – Einstellung, Freispruch oder deutliche Strafmilderung.

I. Gesetzliche Grundlagen – Überblick

§ 267 StGB (Urkundenfälschung)

Tatvarianten:

  1. Herstellen einer unechten Urkunde (Identitätstäuschung zum Aussteller),

  2. Verfälschen einer echten Urkunde (nachträgliche inhaltliche Änderung),

  3. Gebrauchen einer unechten/verfälschten Urkunde.

    Jeweils: zur Täuschung im Rechtsverkehr. Versuch ist strafbar (§ 267 II).


Verwandte Normen

  • § 268 StGB: Fälschung technischer Aufzeichnungen (geräteseitig erzeugte, selbständig beweisende Aufzeichnungen).

  • § 269 StGB: Fälschung beweiserheblicher Daten (digitale „Datenurkunden“).

  • § 270 StGB: Täuschung im Rechtsverkehr bei Datenverarbeitung (funktionale Gleichstellung der DV-Täuschung).

II. Urkundenbegriff & Kernelemente

1) Urkundenbegriff (dreigliedrig)

Urkunde ist eine verkörperte (körperlich fixierte) menschliche Gedankenerklärung, die den Aussteller erkennen lässtund zum Beweis bestimmt und geeignet ist.

  • Kopie/Scan: regelmäßig keine Urkunde (fehlende Originalverkörperung). Beglaubigte Abschrift ist dagegen eigene Urkunde.

  • Digitale Dateien: fallen typischerweise unter § 269 (beweiserhebliche Daten), nicht § 267, es sei denn, es handelt sich um die Nutzung eines zuvor verfälschten Papier-Originals (dann bleibt § 267 einschlägig; das Gebrauchen kann auch digital erfolgen).

2) Unechtheit vs. Verfälschung

  • Unecht = der vermeintliche Aussteller ist nicht der tatsächliche Erklärende (fremde Namensunterschrift; Ausstelleridentität getäuscht).

  • Verfälschung = Änderung des gedanklichen Inhalts einer echten Urkunde nach ihrer Herstellung (z. B. Austausch einer Seite, Ergänzung eines Vertragsdatums), sodass der Anschein einer vom Aussteller herrührenden geänderten Erklärung entsteht.

3) Gebrauchen

Gebrauchen ist jedes Zugänglichmachen zur Wahrnehmung im Rechtsverkehr (Vorlage, Übersendung, Upload), sofern die Täuschung darüber ermöglicht wird, dass es sich um eine echte bzw. unverfälschte Urkunde handeln soll.

4) Täuschung im Rechtsverkehr

Erforderlich ist ein Täuschungsbezug in eine rechtlich bedeutsame Beziehung (Behörde, Arbeitgeber, Vertragspartner, Gericht). Interne Notizzettel ohne Beweisbestimmung sind nicht erfasst.

III. Strafrahmen & Qualifikationen

  • Grundtatbestand (§ 267 I): Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre; Versuch strafbar.

  • Besonders schwerer Fall (§ 267 III): 6 Monate bis 10 Jahre (Regelbeispiele u. a. gewerbsmäßig, bandenmäßig, erhebliche Gefährdung des Rechtsverkehrs, Amtsbezug).

  • Minder schwerer Fall (§ 267 IV): abgesenkter Strafrahmen (tat-/täterbezogene Gesamtabwägung).

  • §§ 268/269: in der Grundstruktur vergleichbare Strafrahmen; § 269 verweist im Übrigen auf § 267 III/IV.

IV. Typische Fallgruppen (praxisnah)

  • Unterschrift „im fremden Namen“ (Arbeits-/Mietvertrag, Vollmacht). Kernfrage: Ausstelleridentität und Einverständnis.

  • Veränderte Bescheinigungen/Zeugnisse (Datum, Stundenzahl, Ergebnis). Abgrenzung: echte vs. nur inhaltlich unrichtige Urkunde (bloße Lüge in echter Urkunde ist nicht § 267, kann aber anderweitig relevant sein).

  • Fahrerlaubnis/Plaketten/Prüfberichte: je nach Erzeugnis § 268 (technische Aufzeichnung) statt § 267.

  • Hybridfälle: Papieroriginal verfälscht → Scan/Upload ist Gebrauch der verfälschten Urkunde; rein digitale Manipulation ohne Papieroriginal → regelmäßig § 269.

V. Verteidigungsstrategie

  1. Urkundenqualität strikt prüfen

    Liegt überhaupt eine verkörperte Gedankenerklärung mit Beweisbestimmung vor? Handelt es sich ggf. nur um eine Kopie oder Entwurf ohne Beweisfunktion?

  2. Echtheit/Verfälschung nachweisen oder in Zweifel ziehen

    Schrift-/Signaturanalyse, Druck-/Schreibmittel, Seitenersatz, Heftung, Versionsstände/Metadaten, zeitliche Abfolge, Vergleichsunterlagen.

  3. Subjektiver Tatbestand

    Vorsatz und Täuschungsabsicht (Täuschungsrichtung, Adressat, Zweck). Irrtümer über Ausstellerstellung/Einverständnis (Tat-/Verbotsirrtum) sauber trennen.

  4. Abgrenzung §§ 268/269/270

    Technische Aufzeichnung oder beweiserhebliche Daten? Liegt eine DV-Täuschung vor? Falsche Normadressierung eröffnet Verteidigungsansätze.

  5. Prozessuale Steuerung

    Frühzeitige Akteneinsicht, Einschaltung von Sachverständigen (Schriftvergleich, IT-Forensik), gezielte Beweisanträge. Ergebnisoptionen: Einstellung (§§ 153, 153a StPO), Konstellationen des minder schweren Falls, Strafmilderung durch Schadenskompensation, Entschuldigung – stets aktenbasiert und ohne Selbstbelastung.

VII. Verhaltenstipps für Beschuldigte

  • Schweigen: Machen Sie keine Angaben zur Sache ohne anwaltliche Beratung.

  • Originale sichern: Aufbewahrung aller Originale, Beglaubigungen, E-Mail-Header, Druck-/Scanprotokolle, Logfiles, Bearbeitungshistorien.

  • Kontakt aufnehmen: Ich beantrage Akteneinsicht, prüfe die Urkundenqualität und entwickle eine aktenbasierte Einlassungs- oder Schweigestrategie.

FAQ – Häufig gestellte Fragen

Ist ein manipuliertes PDF eine „Urkunde“?

Rein datenbasierte Erklärungen fallen regelmäßig unter § 269 StGB (beweiserhebliche Daten). Wird zunächst ein Papier-Original verfälscht und danach gescannt, bleibt § 267 einschlägig; der Gebrauch kann auch digital erfolgen.

Reicht eine falsche Angabe in einem echten Dokument für § 267?

Nein. Inhaltlich unwahre Erklärung in einer echten Urkunde ist keine Urkundenfälschung (kann aber andere Straftatbestände berühren). § 267 setzt Unechtheit oder Verfälschung voraus.

Welche Strafen drohen?

Im Grundtatbestand Geldstrafe bis 5 Jahre; im besonders schweren Fall 6 Monate bis 10 Jahre; im minder schweren Fall abgesenkter Rahmen.

Ist der Versuch strafbar?

Ja, § 267 II (entsprechend regelmäßig auch bei §§ 268/269).

Was prüft die Verteidigung als Erstes?

Urkundenqualität (Original vs. Kopie), Echtheit/Verfälschung, Täuschungsrichtung, richtige Normadressierung (§§ 268/269/270), Beweislage (Originale/Metadaten), prozessuale Optionen.

Fazit

Urkundendelikte entscheiden sich an Definition und Beweisfunktion der Urkunde, der klaren Trennung zwischen Unechtheit/Verfälschung und bloßer Unwahrheit sowie an der zutreffenden Normzuordnung zu §§ 268–270. Eine frühe, methodische Verteidigung – mit Originalsicherung, Forensik und präziser Antragspraxis – ist der Schlüssel zu Einstellung, Freispruch oder deutlicher Milderung.

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