Landfriedensbruch (§ 125 StGB): Zwischen öffentlichem Sicherheitsgefühl und strafrechtlicher Verantwortung

Gesetzliche Grundlagen – Was regeln die §§ 125 ff. StGB?

Landfriedensbruch, § 125 Abs. 1 StGB

Wer sich an

1. Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen oder

2. Bedrohungen von Menschen mit einer Gewalttätigkeit,

die aus einer Menschenmenge in einer die öffentliche Sicherheit gefährdenden Weise mit vereinten Kräften begangen werden, als Täter oder Teilnehmer beteiligt oder wer auf die Menschenmenge einwirkt, um ihre Bereitschaft zu solchen Handlungen zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Besonders schwerer Fall des Landfriedensbruchs, § 125a StGB

In besonders schweren Fällen des § 125 Abs. 1 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1. eine Schußwaffe bei sich führt,

2. eine andere Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt,

3. durch eine Gewalttätigkeit einen anderen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder

4. plündert oder bedeutenden Schaden an fremden Sachen anrichtet.

Die Elastizität des Sicherheitsgefühls – ein Tatbestand mit Sprengkraft

Die Vorschrift des Landfriedensbruchs steht nicht nur im Gesetzbuch, sondern zunehmend im Zentrum öffentlicher Wahrnehmung – und öffentlicher Unsicherheit. §  125 StGB wird heute vielfach als juristisches Etikett verwendet, das vor allem eines signalisiert: Gefahr durch Masse. Dabei wird das tatsächliche Verhalten Einzelner oft zurückgestellt zugunsten eines diffusen Bedrohungsnarrativs – gespeist durch Vermummung, Gruppendynamik oder ein „geschlossenes Vorrücken“ .

Das Strafrecht aber kennt keine Angstformeln. Wer sich in einer Gruppe befindet, aus der heraus Straftaten begangen werden, ist nicht allein deshalb strafbar. Auch nicht, wenn ein Sicherheitsgefühl verletzt ist. Die Strafbarkeit setzt vielmehr eine konkrete Beteiligung oder zumindest psychische Unterstützung nach den Maßstäben der allgemeinen Teilnahmelehre voraus. Der pauschale Rückgriff auf §  125 StGB als kriminalpolitisches Signal kann – und darf – eine fundierte Einzelfallprüfung nicht ersetzen.

Der Leipziger Polizeikessel und seine rechtliche Problematik

Beim Polizeikessel am 3. Juni 2023 wurden über eintausend Menschen unter Berufung auf polizeirechtliche beziehungsweise strafprozessuale Maßnahmen festgesetzt. Der Eingriff erfolgte ohne individuelle Verdachtsmomente und basierte ausschließlich auf der Anwesenheit in einer größeren Gruppe. Zahlreiche Stimmen sehen hierin eine problematische Verschiebung vom Versammlungsrecht in das Strafverfahrensrecht, bei gleichzeitiger Umgehung der hohen Anforderungen des Grundgesetzes, insbesondere aus Art. 8 GG.

Landfriedensbruch jenseits der Demonstration

Nicht nur politische Versammlungen stehen im Fokus: Auch bei Auseinandersetzungen in Freibädern, bei Sportveranstaltungen oder spontanen Gruppenbildungen im öffentlichen Raum wird §  125 StGB zunehmend herangezogen. Die Bandbreite reicht von der organisierten Anreise von Fußballfans über nächtliche „Flashmobs“ bis hin zu situativen Eskalationen bei Alltagskonflikten. In vielen dieser Fälle ist der Tatbestand ein strategischer Einstiegspunkt für Ermittlungen – mit weitreichenden Konsequenzen:

  • erkennungsdienstliche Maßnahmen,

  • Speicherung im polizeilichen Auskunftssystem,

  • Beschränkung der Freizügigkeit oder

  • Verwertbarkeit von „Zufallsfunden“.

Dabei wird in der Praxis häufig verkannt, dass bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens – unabhängig von seiner späteren Einstellung – belastend und existenzgefährdend sein kann.

Verteidigung mit Weitblick – strukturiert, präzise, strategisch

Eine wirksame Verteidigung gegen den Vorwurf des Landfriedensbruchs beginnt mit der konsequenten Anfechtung des Anfangsverdachts. Als Strafverteidiger prüfe ich für Sie:

  • Ob Ihnen ein zurechenbares Verhalten nachgewiesen werden kann, das über die bloße Anwesenheit hinausgeht,

  • Ob die Anforderungen an eine psychische Beihilfe erfüllt sind, wie sie das Landgericht Berlin in ständiger Rechtsprechung verneint, wenn es an objektivierbaren Unterstützungsakten fehlt,

  • Ob das Ermittlungsverfahren auf verfassungsrechtlich fragwürdiger Grundlage beruht, etwa bei unbestimmten Gefahrenprognosen oder massenhaftem Vorgehen ohne individuellen Tatverdacht,

  • Ob die Tatbestandselemente “Bedrohung” oder “öffentliche Sicherheitsgefährdung” im Einzelfall tragfähig sind oder lediglich auf gefühlter Gefährlichkeit beruhen.

Was bleibt – und was zählt

Der Tatbestand des Landfriedensbruchs bleibt ein sensibles Instrument. Seine Anwendung verlangt – mehr denn je – juristische Differenzierung, verfassungsrechtliche Wachsamkeit und verteidigungstaktische Klarheit.

Wenn Ihnen ein solcher Vorwurf gemacht wird, ist es entscheidend, frühzeitig anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Nicht nur, um das Risiko einer ungerechtfertigten Strafverfolgung zu minimieren – sondern auch, um die narrative Kraft des Strafverfahrens nicht ungenutzt der Gegenseite zu überlassen.

Strafverteidigung in Leipzig – entschlossen und unvoreingenommen

Als spezialisierter Strafverteidiger in Leipzig vertrete ich Mandantinnen und Mandanten in Ermittlungsverfahren wegen Landfriedensbruchs – gleich ob im Kontext politischer Aktionen, Großveranstaltungen oder unerwarteter Alltagskonflikte. Ich bringe nicht nur die dogmatische Klarheit mit, um die strafrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen, sondern auch das strategische Gespür, um Ermittlungen frühzeitig in die richtigen Bahnen zu lenken.

Vertrauen Sie auf strukturierte Verteidigung, rechtliche Expertise und klare Kommunikation. Vereinbaren Sie eine vertrauliche Erstberatung – bevor sich der Vorwurf verselbständigt.